Das war es also, das große Duell zwischen der amtierenden Bundeskanzlerin und ihrem Herausforderer. Da standen sie. Wie zwei eingeschüchterte Prüflinge, hoch motiviert, einen guten Eindruck zu hinterlassen. Ihnen gegenüber die strengen Prüfer, zwei für jeden, damit der Dauerbeschuss nicht abbricht und die Senderlandschaft halbwegs repräsentiert ist. Das Ganze natürlich geschlechter-paritätisch: zwei Frauen, zwei Männer. Über eineinhalb Stunden mussten die Geprüften das Fragengeschwader über sich ergehen lassen. Und die Zuschauer auch.
Die Sender hatten im Vorfeld darauf gedrungen, mindestens zwei dieser Duelle zu veranstalten. Das lehnte Kanzlerin Merkel allerdings strikt ab. Und hat man ihr das vorher vielleicht als Schwäche und Drückebergerei ausgelegt, so muss man ihr im Nachhinein dankbar sein und Respekt für Weitsicht zollen. Das Format hat etwas Lächerliches, ja Unwürdiges. Allein die optische Anordnung. Es ist mehr dazu angetan, geltungsbedürftige Moderatoren in Szene zu setzen, als wirklich etwas über Programme, Einstellungen und Charaktereigenschaften der Politiker zu erfahren. Und in einer solchen Szenerie kann eine abgeklärte Kanzlerin, die in allen Umfragen ohnehin meilenweit in Führung liegt, natürlich cooler und souveräner reagieren, als der Herausforderer, der verzweifelt nach Punkten sucht, mit denen er sich von Merkel abheben kann, ohne dabei die Regeln eines fairen und anständigen Wettbewerbs zu verletzen, was seinem sympathischen Selbstverständnis widerspräche.
Trotz großzügig bemessener Sendezeit, hatten die Kandidaten keine Zeit, irgendwelche komplexeren Gedankengänge auszubreiten. Sie wurden zu Gehetzten konkurrierender Talkmaster, die es trotz reichlicher Vorbereitungszeit nicht geschafft haben, die relevanten Themenbereiche halbwegs abzudecken. Und das lag vor allem daran, dass sie sich am Thema Flüchtlinge festgebissen haben, und sich selbst hier noch in weiten Teilen auf die Abschiebepraxis einschränkten. Insbesondere die Beiträge des Sat1-Moderators Claus Strunz waren offensichtlich populistisch motiviert und trugen mehr zur Verdrehung als zur Aufdeckung von Tatsachen bei.
Sofern dieses Duell, das mehr ein Duett mit schlechter Orchesterbegleitung war, irgendwelche zusätzlichen Informationen hervorgebracht hat, so wären diese ebenso mit einem kurzen Multiple-Choice-Test einfacher erhältlich gewesen. Und uns Zuschauer hätte es Zeit, Fremdschämerei und Möchtegernjournalismus erspart.
Gerade die öffentlich-rechtlichen Sender sollten sich wieder klar auf seriösen Journalismus konzentrieren, wenn es um solch wichtige Entscheidungen wie Bundestagswahl geht. Hier hat Showbusiness und Talkmasterei meines Erachtens nichts zu suchen. Die Politiker wiederum müssen auch nicht alles mitmachen. Merkel hat mit ihrem einsamen Widerstand gegen die Ausweitung dieses ungeeigneten Formats – das muss man ihr wohl lassen – mal wieder den richtigen Riecher gehabt. Dagegen wirkt ihr Herausforderer jetzt geradezu vorgeführt. Schulz ist ein anständiger und intelligenter Kerl. Das wird ihm kaum einer streitig machen wollen. Aber besitzt er genug Biss, sich gegen harte Widerstände zu behaupten? Im Duell hat er diesen Eindruck jedenfalls nicht hinterlassen.