Die aufgeheizte Diskussion über die Abschiebung des Polizistenmörders afghanischer Herkunft verläuft in falschen Bahnen. Sie spricht ausschließlich die emotionale Ebene der Bevölkerung an. Da kann man mit einfachen Forderungen punkten. Das hat auch der wortkarge Kanzler gemerkt und stimmt mit ein: “Solche Straftäter gehören abgeschoben – auch wenn sie aus Syrien oder Afghanistan stammen.“ Da freut sich beinahe jeder, der diese Tat zu Recht für abscheulich hält, nicht nur, weil Mord an sich schon verabscheuenswert ist, sondern auch weil er von jemandem begangen wurde, der unsere humanistische Gastfreundschaft auf das Übelste missbraucht hat. Doch sollte man bei aller emotionalen Betroffenheit versuchen, die Sachlage rational zu erfassen.
Erstens ist vollkommen unstrittig, dass der Täter hart bestraft werden sollte. Dafür gibt es bereits einen geordneten Rechtsrahmen, innerhalb dessen die unabhängige Justiz bei der offensichtlichen Sachlage gewiss ein entsprechendes Urteil fällen wird.
Zweitens: Ob die Tat hätte verhindert werden können, wenn Deutschland allgemein eine schärfere Einwanderungspolitik betreibt, ist eine andere Frage. Da der Täter aber nicht auffällig war und allem Anschein nach sogar als gut angepasst galt, muss man ehrlicherweise zugeben, dass hier kein Risiko zu vermuten war. Vorsichtshalber erst gar keine Migranten – oder jedenfalls keine muslimischen Glaubens – mehr aufzunehmen oder gar vorsorglich abzuschieben, wäre gewiss eine in vielerlei Hinsicht inakzeptable Maximalforderung. Welche Kriterien für eine Abschiebung gelten sollten und welche Zugeständnisse gegen eine Abschiebung in unsichere Länder abgewogen werden müssen, ist eine andere Diskussion, die nicht durch eine noch so berechtigte Empörung über diesen Polizistenmord gelöst werden kann.
Drittens: Wer sich erhofft, durch besonders harte Bestrafung, religiöse Fanatiker in Zukunft davon abzuhalten, solche Taten zu begehen, wird leider enttäuscht werden. Hinter der Motivation, in aller Öffentlichkeit und sogar unter den Augen der Polizei schwerste Straftaten zu begehen, hat mit seinem Leben im Diesseits ohnehin abgeschlossen.
Viertens: Wenn man sich von den Abschiebungsambitionen in diesem konkreten Einzelfall, bei der viele Hindernisse im Wege stehen, erhofft, dass den Täter im Herkunftsland eine Strafe erwartet, die härter ist, als es unser Rechtsstaat zulässt, und sie deshalb befürwortet, hat gleich zwei Probleme: Zunächst widersprächen etwa Folter und Todesstrafe unserem Bekenntnis zu allgemeingültigen Menschenrechten. Doch selbst wenn man verständlicherweise nicht bereit ist, Menschenrechte auch solchen Tätern zuzugestehen, so sollte einem dennoch bewusst sein, dass man mit einer Abschiebung bestenfalls erreichen kann, seine Hände scheinheilig in Unschuld waschen zu können.
Fünftens: Das zweite Problem besteht darin, dass gerade diese islamistisch motivierte Straftat gegen einen Ungläubigen in den Augen der steinzeitislamischen Taliban gar nicht verurteilungswürdig ist. Es wäre somit alles andere als verwunderlich, wenn den Täter nach Auslieferung statt einer harten Strafe ein Orden erwartet. Zudem könnte er künftig den Taliban in ihrem Kampf gegen Menschenrechte und individuelle Freiheiten weiter nützlich werden.
Sechstens muss man sich schließlich darüber im Klaren sein, dass man nicht nur mit den Taliban auf staatlicher Ebene verhandeln, sondern sicherlich auch mit einer finanziellen Zahlung deren Bereitschaft erkaufen müsste, was das afghanische Terrorregime, die ständig unschuldige Menschen töten, ebenfalls unterstützen würde.
Fazit: Der breite gesellschaftliche und politische Konsens für die Abschiebung des Polizistenmörders basiert lediglich auf einer oberflächlichen und emotionalen Betrachtungsweise. Eigentlich spricht fast alles gegen eine Abschiebung. Dabei geht es hier nicht um Mitleid oder Sanftmut gegenüber einem menschenverachtenden, verblendeten Mörder, sondern darum, den Täter nach unseren Maßstäben ohne Zugeständnisse an andere Mörder nach Recht und Gesetz einer garantierten Strafe zuzuführen.